Spin-offs der UZH

Vom Labor auf den Markt

Jedes Jahr gründen talentierte Studierende und Forschende der Uni­versität Zürich eigene Unter­nehmen und erwecken innovative Geschäfts­konzepte zum Leben. 2023 wurden acht neue Spin-offs gegründet mit dem Ziel, Produkte auf den Markt zu bringen, die auf Forschung in den Bereichen Medizin, Zahn­medizin, Chemie und Mathematik basieren.

Vom Labor auf den Markt

Viele Spin-offs der UZH basieren auf Labor­forschung. Zum Beispiel entwickelt das Start-up ATLyphe AG Antikörper zur Stimu­lation von Immun­zellen, die potenziell in der Behandlung von Er­krankungen der Blut­stammzellen eingesetzt werden könnten, während Seito Biologics AG an einer neuen Immun­therapie gegen Auto­immun­krankheiten arbeitet. (Bild: iStock/skynesher)

Bessere Mundgesundheit

Digitale Scan­technologien, dank derer man die Zähne und den Mund­innenraum mit optischen Kameras hochpräzise vermessen kann, sind in Zahn­arzt­praxen zunehmend verbreitet. Diese Scan-Daten eröffnen – neben der Herstellung von Zahnersatz – vielfältige neue Behand­lungs­möglich­keiten. Das Spin-off Dentexion entwickelt eine Software­plattform, die es Zahn­ärztinnen un -ärzten erlaubt, 3D-Daten von Patientinnen und Patienten zu analysieren und Ver­änderungen über die Zeit zu bewerten. Die Technologie, entwickelt an der Abteilung für Computer­gestützte Restaurative Zahn­medizin, analysiert 3D-Scans mittels KI auf Kompo­nenten wie Zähne, Zahnfleisch und Knochen, um dann krankhafte Ver­änderungen frühzeitig zu erkennen und heraus­zufinden, was gerade bei Abbau von Zahn­gewebe oder Entzündungen hilfreich ist.

Hoffnung bei Bleivergiftungen

Nahrung, Leitungs­wasser oder auch Luftpartikel, die mit Blei kontaminiert sind, bergen Gesundheitsrisiken. Bereits geringe Mengen des Schwer­metalls können zu Nieren­schäden, Anämie, Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Versagen sowie kognitiven und neurologischen Beeinträchtigungen führen.
Derzeit gibt es nur zwei Medi­kamente zur Behandlung schwerer Blei­vergiftungen. Über 90 Prozent der diagnostizierten Fälle bleiben unbehandelt. Das will die Chemikerin Michal Shoshan mit ihrem Spin-off metaLead Therapeutics AG ändern. Sie und ihr Team am Institut für Chemie haben neuartige kurze Peptide entwickelt, die die Nachteile her­kömmlicher Therapien überwinden. Von den rund 50 syn­thetisierten Peptiden zeigen acht vielver­sprechende Eigen­schaften. Der führende und im Tiermodell getestete Wirkstoff­kandidat senkt den Bleigehalt in Blut, Gehirn und Leber signifikant, ohne die essenziellen Metall­konzen­trationen zu beeinträchtigen. Vorausgesetzt, dass weitere Tests klare Indikationen zu Dosierung und Sicherheit/­Toxizität ergeben, kann metaLead Thera­peutics bereits in wenigen Jahren eine erste klinische Studie durchführen.

Immuntherapie gegen Blutkrebs

Das Spin-off ATLyphe AG entwickelt Anti­körper zur Stimulation von Immunzellen, die in Zukunft für die Behandlung von Blutstamm­zell­erkrankungen angewendet werden könnten. Das aktuelle Haupt­projekt fokussiert einen Antikörper, der T-Zellen aktiviert, um Akute Myeloische Leukämie zu bekämpfen. Aufgrund der strukturellen Ähnlich­keiten zwischen kranken Leukämie­zellen und gesunden Blut­stammzellen könnte dieser biospezifische Antikörper zukünftig auch vor der Trans­plantation von fremden oder genetisch korrigierten blutbildenden Stamm­zellen zum Einsatz kommen. Dies wäre nicht nur für Patientinnen und Patienten mit akuter myeloischer Leukämie, sondern auch für solche mit anderen Leukämien und angeborenen Bluter­krankungen eine viel­versprechende Behandlungs­option. Demnächst wird mit einer Phase-I-Studie die Sicherheit und Wirksamkeit der Therapie bei Menschen mit akuter myeloischer Leukämie überprüft. ATLyphe basiert auf Forschungs­arbeiten an der UZH und ETH Zürich. Es wird geleitet von Markus Manz, Professor für Hämatologie und Direktor der Klinik für Medizinische Onkologie und Hämatologie am Universitäts­spital Zürich, und Dario Neri, Professor an der ETH Zürich.

Neue Endometriose-Therapie

Das Spin-off FimmCyte forscht an einer neuen Behandlung für Endo­metriose, eine Krank­heit, bei der Gebär­mutter­schleim­haut-ähnliche Zellen ausserhalb der Gebär­mutter wachsen. Endo­metriose verursacht oft starke chronische Schmerzen; weltweit sind schätzungs­weise rund zehn Prozent der Frauen im gebär­fähigen Alter davon betroffen. Statt der üblichen Hormon­behandlungen oder Operationen setzt FimmCyte auf eine Anti­körper­therapie. Die von der Jung­firma entwickelten Anti­körper erkennen ein bestimmtes Protein, das in Endo­metriose­zellen übermässig vorhanden ist, und ermöglichen so eine direkte Behandlung der betroffenen Gewebe.
Die wissen­schaftliche Entdeckung stammt aus dem Labor von Brigitte Leeners, UZH-Professorin für Gynä­kologische Endo­krinologie und Repro­duktions­medizin. Die Nach­wuchsf­orschenden Valentina Vongrad und Mohaned Shilaih aus ihrem Team haben diese spezifische Protein­über­expression entdeckt und daraufhin die Anti­körper­therapie entwickelt. Aktuell befindet sich die Behand­lung in der Testphase.

Innovativer Therapieansatz für Autoimmunerkrankungen

Das Spin-Off Seito Biologics AG entwickelt eine neue Immun­therapie gegen Auto­immun­erkrank­ungen wie Typ-1-Diabetes, multiple Sklerose, rheumatoide Arthritis und systemischen Lupus erythema­todes. Anders als her­kömmliche Behand­lungen, die das Immunsystem unterdrücken und so das Infektions- und Krebsrisiko erhöhen, setzt das Spin-off auf die Regulierung des Immun­systems. Dazu arbeitet das Spin-off an einer Therapie mit Treg-Zell-Engagern. Diese zielen darauf ab, regula­torische T-Zellen, auch bekannt als Treg-Zellen, zu verbessern. Treg-Zellen helfen, das Immun­system in Schach zu halten, indem sie übermässige oder fehlgeleitete Immun­reaktionen verhindern. Die Therapie verbessert sowohl die Funktion als auch die Anzahl dieser Treg-Zellen. Damit stabilisiert sie das Immunsystem und verhindert so, dass es sich fälschlicherweise gegen den eigenen Körper richtet, was bei Auto­immun­erkrankungen der Fall ist. Die viel­ver­sprechende Therapie basiert auf Forschungen des UZH-Lehrstuhls für Klinische Immuno­logie und Aller­gologie.

Einfache Analyse von Satellitendaten

Obwohl globale Erdbeobachtungsdaten seit einem halben Jahrhundert erfasst werden, bleibt ihre Umwandlung in nutzbare Informationen eine Herausforderung. Derzeit werden solche Daten hauptsächlich von Experten analysiert. Das Spin-off askEarth widmet sich der Aufgabe, diese umfangreichen Datenmengen so aufzubereiten, dass auch Nicht-Expertinnen und -Experten sie für Entscheidungen in Umweltmanagement, Stadtplanung und Ressourcenverwaltung nutzen können. Das Unternehmen hat dazu eine Benutzeroberfläche entwickelt, die komplexe Geodaten in Echtzeit zugänglich macht. UZH-Alumnus Simon Grüning hat askEarth mitgegründet und wurde durch das Entrepreneur Fellowship-Programm gefördert. Das Fellowship ermöglichte es ihm, seine Spin-off-Idee bis zur Marktreife voranzutreiben. (Ein Team-Porträt von aksEarth finden Sie in diesem Jahresbericht.)

Neue Wege zur Wirbelsäulenstabilisierung

Obwohl Wirbelsäulenoperationen in vielen Fällen wirksam sind, besteht Raum für Verbesserungen, um die Rate an Komplikationen zu verringern und den klinischen Erfolg zu erhöhen. Ein Hauptprojekt des Spin-offs Moving Spine AG ist die Optimierung der Vertebropexie, ein Verfahren, das durch das Einweben von Sehnen und Textilien Wirbelsäulensegmente stabilisiert, ohne sie zu versteifen. Diese Innovation stützt sich auf die Forschungsarbeit des Universitären Zentrums für Wirbelsäulenchirurgie Zürich der Universitätsklinik Balgrist.

Echtzeitgestützte chirurgische Navigation

Chirurgische Navigationssysteme werden eingesetzt, um kritische Operationsschritte präzise durchzuführen. Die Systeme haben aber auch Nachteile, wie einen komplizierten Operationsablauf, eine verlängerte Operationszeit oder die Abhängigkeit von invasiver Bildgebung. Aus diesen Gründen hat sich die chirurgische Navigation noch nicht als Behandlungsstandard durchgesetzt. Das Spin-off X23D AG adressiert diese Herausforderung, indem es nahtlos integrierbare Systeme für die computerunterstützte chirurgische Navigation entwickelt. Für die Wirbelsäulenchirurgie hat das Unternehmen innovative KI-Algorithmen konzipiert, die direkt während des Eingriffs Daten sammeln und so die erforderlichen Informationen in Echtzeit darstellen können. Auf diese Weise erhalten Chirurginnen und Chirurgen eine präzise 3D-Ansicht der Wirbelsäule, sodass der Eingriff hochpräzise durchgeführt werden kann. Die Entwicklung dieser chirurgischen Navigationssysteme basiert auf der Forschung von Philipp Fürnstahl, UZH-Professor für orthopädische Computerwissenschaften an der Universitätsklinik Balgrist, und seinem Mitarbeiter Hooman Esfandiari.