Michael Schaepman (57) studierte und promovierte an der UZH. Nach Forschungs­aufenthalten in den Niederlanden und den USA kehrte er 2009 als Professor für Fern­erkundung an seine Heim­universität zurück. 2014 wurde er zum Prodekan und 2016 zum Dekan der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultät ernannt. Als Mitglied der Universitäts­leitung war er von 2017 bis 2020 für die Bereiche Forschung, Innovation und Nachwuchs­förderung zuständig, seit 2020 ist er Rektor der UZH.
Michael Schaepman (57) studierte und promovierte an der UZH. Nach Forschungs­aufenthalten in den Niederlanden und den USA kehrte er 2009 als Professor für Fern­erkundung an seine Heim­universität zurück. 2014 wurde er zum Prodekan und 2016 zum Dekan der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultät ernannt. Als Mitglied der Universitäts­leitung war er von 2017 bis 2020 für die Bereiche Forschung, Innovation und Nachwuchs­förderung zuständig, seit 2020 ist er Rektor der UZH.

Die Präsidentin des Universitäts­rats und der Rektor der UZH im Gespräch

«Die Universität Zürich ist Teil der Gesell­schaft»

Bildungsdirektorin Silvia Steiner und UZH-Rektor Michael Schaepman diskutieren im Interview über die Rolle der Universität im Bildungs­system, über Innovationskraft, internationale Beziehungen, For­schungs­frei­heit und gesell­schaftliche Verant­wortung.

Frau Steiner, Herr Schaepman, das Jahr 2022 war ein Jahr der multiplen Krisen. Die Heraus­forderungen, vor denen wir stehen, häufen sich. Wie trägt die UZH zu Lösungen bei?

Silvia Steiner: Die grossen Heraus­forderungen unserer Zeit halten sich nicht an Landes­grenzen – und schon gar nicht an die Grenzen von Fach­diszi­plinen. Um Antworten auf komplexe Probleme wie die Klima­krise und ihre Folgen zu finden, müssen verschiedene Fächer ihre unter­schied­lichen Perspekt­iven zusammen­bringen. Die UZH fördert diese Ver­netzung in der Forschung wie in der Lehre. Als vielfältige Voll­universität hat sie dafür beste Voraus­setzungen.

Michael Schaepman: Die UZH hat eine zentrale Aufgabe: Sie befähigt Menschen zur nach­haltigen Gestaltung ihrer Zukunft. Ich meine damit die indi­vi­duelle berufliche Zukunft unserer Studie­renden und zugleich die gemein­same Zukunft von uns allen. Bildung und Forschung sind Grund­lagen für die Zukunfts­fähigkeit unserer Gesell­schaft.

Silvia Steiner (65) studierte Rechts­wissenschaften an der UZH und promovierte an der Universität Lausanne. Die Mitte-­Politikerin war Staats­anwältin und Polizei­offizierin und ist seit 2015 Regierungs­rätin des Kantons Zürich und Vorsteherin der Bildungs­direktion. Sie ist auch Präsidentin der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungs­direktorinnen und -direktoren (EDK). Als Bildungs­direktorin ist sie zugleich Präsidentin des Universitäts­rats der UZH.

Frau Steiner, als Bildungs­direktorin haben Sie die Ent­wicklung des gesamten Bildungs­systems im Blick. Gibt es eine allgemeine Stoss­richtung?

Steiner: Unsere Gesell­schaft und unsere Arbeits­welt verlangen nach Menschen, die Zusammen­hänge verstehen und lösungs­orientiert denken und handeln können. Die Basis dazu legen wir bereits mit dem Lehrplan 21 an der Volksschule. Er legt den Fokus auf die Förderung von Fähig­keiten und Kompe­tenzen statt auf das reine Ab­arbeiten von vorgege­benem Schul­stoff.

Welche Folgen hat dies für die an­schlies­senden Bildungs­stufen?

Steiner: Die Einführung des Lehr­plans 21 hat Impulse für das ganze Bildungs­system gegeben. Auf allen Stufen – in der Berufs­bildung, in den Gym­nasien wie auch an den Hoch­schulen – werden die pädago­gischen Formate laufend angepasst.

Schaepman: Auch an der UZH hat die kompetenz­orientierte Lehre zuge­nommen. Inter­aktive Formate gewinnen immer mehr an Bedeutung. Dies berück­sichtigen wir auch bei der Konzeption neuer Lehr­räume, etwa im geplanten FORUM UZH. Die 2022 lancierte Initiative «Zukunft der Lehre an der UZH» ermöglicht eine konti­nuier­liche Weiter­entwick­lung der Lehre auf lange Sicht.

«Die UZH befähigt Menschen zur nachhaltigen Gestaltung ihrer Zukunft.»

Michael Schaepman

Was bedeutet es für Dozierende, wenn sie es mit Studie­renden zu tun bekommen, die schon an der Schule kom­petenz­orientiert unter­richtet wurden?

Schaepman: Es ist wichtig, dass sich Dozierende auf das sich wandelnde Lern­verhalten der Studie­renden einstellen. Lassen Sie mich dazu eine Anek­dote erzählen. Sie handelt von meiner ersten Vor­lesung als frisch­gebackener Professor im nieder­ländischen Wageningen. Das Thema war die Physik von Satelliten­umlauf­bahnen. Bereits nach zwei Minuten meldete sich ein Student. Ihm sei schleier­haft, warum man das über­haupt wissen müsse, sagte er. Ich war perplex. Ich hatte nicht daran gedacht, zu erklären, dass man ohne dieses Wissen die ganze Erd­beob­achtung nicht verstehen kann. Die nieder­ländischen Studie­renden waren schon damals an einen kom­petenz­orientierten Unter­richt gewöhnt und erwarteten von ihren Dozierenden begründete Hinweise auf den Zweck von Lern­inhalten. Darauf war ich damals nicht ein­gestellt, für mich als Schweizer war der Stoff­plan damals Begründung genug. Heute ist das anders.

«Ein durchlässiges Bildungssystem bringt die Menschen dahin, wo sie gebraucht werden.»

Silvia Steiner

Unsere komplexe, hoch tech­nisierte Gesell­schaft verlangt nach gut aus­gebil­deten Menschen. Wie wird unser Bildungs­system diesem Anspruch gerecht?

Schaepman: Eine Studie von 2021 zeigt, dass UZH-Abgänge­rinnen und -Abgänger für den Start ins Berufs­leben gut vor­bereitet sind. Sie sind auf dem Arbeits­markt sehr begehrt, finden ent­sprechend rasch eine Stelle und erhalten über­durch­schnitt­lich hohe Löhne.

Steiner: Die OECD übt regel­mässig Kritik, weil wir angeblich zu wenig Aka­demi­ke­rinnen und Aka­demi­ker ausbilden, ver­kennt dabei aber die Beson­der­heiten unseres Bildungs­systems. Sie schaut nur auf den im inter­natio­nalen Vergleich kleineren Anteil der Gym­nasiastinnen und Gym­nasiasten und ver­nach­lässigt jene, die per Berufs­matur die Hoch­schul­reife erlangen. Die Durch­lässig­keit ist eine grosse Qualität unseres Systems, die wir pflegen und konti­nuier­lich ausbauen. Sie fördert die Chancen­gerech­tig­keit und führt die Menschen dahin, wo sie gebraucht werden und am produk­tivsten sind. Damit leisten wir auch einen wichtigen Beitrag gegen den Fach­kräfte­mangel. Denken wir zum Beispiel an den Gesund­heits­bereich: Die UZH konnte ihre Aus­bildungs­plätze bei den Ärz­tinnen und Ärzten ausbauen, indem sie zusammen mit den Universi­täten Luzern und St. Gallen je einen Joint Medical Master mit 40 Studien­plätzen anbietet.

Schaepman: Ich teile die Haltung, dass wir die Durch­lässig­keit unseres Bildungs­systems weiter stärken sollten. Flexible Bildungs­wege ermög­lichen es den Menschen, selbst­ständig ihren indi­viduellen Weg zu gehen, und erleich­tern es ihnen, sich auf Verände­rungen in der Berufs­welt einzustellen. Das kommt der ganzen Gesell­schaft zugute, auch wenn nicht jeder einzelne Weiter­bildungs­wunsch zur Behebung des Fach­kräfte­mangels beiträgt. Über­haupt sollten wir die Berufs- und Hoch­schul­bildung als eine Ein­heit sehen, statt das Trennende zu betonen. Die Berufs­bildung kann auf ein Hoch­schul­studium vorbereiten, umgekehrt ist ein Hoch­schul­studium auch berufs­bezogen.

«Wir sollten die Berufs- und die Hochschulbildung als eine Einheit sehen, statt das Trennende zu betonen.»

Michael Schaepman

Wird die Flexi­bili­tät, die unser Bildungs­system bietet, auch aus­reichend genutzt?

Steiner: Herkunft und Geschlecht haben noch immer einen zu grossen Ein­fluss, sie spuren Bildungs- und Berufs­karrieren vor, die auch anders verlaufen könnten. Zum Beispiel empfehlen viele Eltern ihren Kindern, den Weg einzuschlagen, der ihnen selbst vertraut ist, weil sie glauben, ihre Kinder dann besser unter­stützen zu können. Bildungs­biografien werden oft vererbt. Daran müssen wir arbeiten.

Schaepman: Gleich­zeitig werden aber die Möglich­keiten, sich über Bildungs- und Berufs­wege zu infor­mieren, immer viel­fältiger und besser, auch dank dem Erfahrungs­austausch über digitale Medien. Das erleichtert es jungen Leuten, ihren Weg zu finden. Sie ver­gleichen die Optio­nen und wägen ab, welche davon sie weiter­bringen. Dies wiede­rum motiviert die Bildungs­einrich­tungen auf allen Stufen – ein­schliess­lich der UZH –, möglichst gute und attraktive Bildungs­angebote bereit­zustellen.

Gut ausgebildete Menschen sind eine Voraus­setzung für einen starken Forschungs- und Innovations­standort. Was sind weitere Voraus­setzungen dafür?

Steiner: Standorte, die zugleich über eine Voll­universität, eine technische Universität und über universitäre Spitäler verfügen, sind im Vorteil. In Zürich kommen noch Fach­hoch­schulen und die Pädagogische Hoch­schule dazu. Es gibt weltweit nur wenige andere Zentren mit einer ähn­lichen Dichte an hoch­karätigen Institutionen in Bildung, Forschung und Gesundheit.

Haben Sie ein Beispiel dafür, welche Vor­teile das bringt?

Steiner: Ein gutes Beispiel ist die Universitäre Medizin Zürich, kurz UMZH. Die Zusammen­arbeit der beteiligten Institutionen UZH, ETH Zürich und der vier universitären Spitäler in diesem Rahmen trägt schon nach kurzer Zeit Früchte. Der Aufbau der Bio­medizi­nischen Infor­matik­platt­form, der jetzt in Angriff genommen wird, wäre anders als in einer solch starken Gemeinschaft kaum denkbar. Die Platt­form wird der For­schung Gesund­heits­daten konsolidiert zur Verfügung stellen – auf der Basis genauer recht­licher und ethischer Bestim­mungen. Für die Präzisions­medizin, die auf Daten angewiesen ist, ist das ein wichtiger Schritt.

Schaepman: Eine weitere Voraus­setzung für Inno­vations­tärke ist die Kom­bination von starker Grund­lagen­forschung und wissen­schaftlicher Auto­nomie. Und genau diese Kom­bina­tion zeichnet die UZH aus. Die Politik hat das Ver­trauen, dass wir mit dem Geld, das uns zur Ver­fügung gestellt wird, gut um­gehen. Der Anteil «wert­freier», also nicht direk­tionaler bzw. zweck­gebun­dener Grund­lagen­forschung ist an der UZH im inter­nationalen Ver­gleich hoch – und gerade des­halb sind wir inno­vativ und forschungs­stark.

Wie erklärt sich dieser Zusammen­hang?

Schaepman: Erfindungen macht man nicht per Knop­fdruck. Wir lassen den Forschenden die Frei­heit, zu den Themen zu forschen, die ihnen wichtig sind. Wenn sich aus den Forschungs­ergebnissen Perspek­tiven für eine prak­tische Anwendung ergeben, unter­stützen wir den Transfer. Wir stellen unter­nehmerisches Know-­how zur Verfügung für jene, die es wollen und brauchen. Aber wir setzen keinen Druck auf, Forschung mit Blick auf kommer­zialisier­bare Ergeb­nisse zu betreiben.

«Die ausgeprägte Hochschulautonomie ist eine Schweizer Spezialität wie Schokolade oder das Sackmesser.»

Michael Schaepman

Sehen Sie als Bildungs­politikerin die aus­geprägte Auto­nomie der UZH auch so positiv, Frau Steiner?

Steiner: Das Auto­nomie­modell der UZH funktioniert sehr gut. Es entspricht dem in der Schweiz bewährten Sub­sidiaritäts­prinzip. Die Universität weiss selbst am besten, wie sie ihre Ziele er­reichen kann. Die Politik setzt den Rahmen, gibt Anstösse zur Weiter­ent­wick­lung und kon­trolliert, ob die Resul­tate stimmen und ob die Ressourcen ver­ant­wortungs­voll eingesetzt werden. Mit der Ein­führung der Governance 2020+ wurde die Auto­nomie der UZH nach­haltig gestärkt. Ein zusätz­liches Element des Auto­nomie­modells, an dem wir der­zeit arbeiten, ist eine Leistungs­verein­barung zwischen Kanton und Universität.

Schaepman: Eine Leistungs­verein­barung ist aus meiner Sicht eine gute Sache, weil sie verdeutlicht, was die UZH zum Nutzen der Gesell­schaft beiträgt. Das stärkt das Vertrauen. Wir müssen einfach auf­passen, dass die Indikatoren nicht zu eng definiert werden, damit sie keinen zu grossen Regulierungs­aufwand generieren.

Ist die Auto­nomie der UZH etwas typisch Schweizerisches?

Schaepman: Die ausgeprägte Hoch­schul­auto­nomie ist eine Schweizer Spezialität wie Schweizer Schokolade oder das Sackmesser – nur wissen das leider viel zu wenige.

«Die Zusammenarbeit der Disziplinen an der UZH ist vorbildlich für die ganze Gesellschaft.»

Silvia Steiner

Autonomie ist wichtig für die Forschung. Die inter­natio­nale Ver­netzung eben­falls. Der Aus­schluss der Schweiz aus dem EU-­Forschungs­rahmen­programm Horizon Europe ist dies­bezüg­lich ein Rück­schlag. Was ist zu tun?

Steiner: Damit eine Wieder­assoziierung realistisch wird, muss es erst zu Ver­hand­lungen kommen. Davon sollten wir uns aber nicht ab­hängig machen, sondern selbst­bewusst auf unsere Stärken bauen und für gute Über­gangs­lösungen sorgen. Hier gibt es durch­aus noch Spiel­raum: Momentan arbeitet der Bund zum Bei­spiel am Antrag für eine Voll­mit­glied­schaft der Schweiz in sechs Netz­werken des European Research Infrastructure Consortium, kurz ERIC. Diese Abkommen nützen auch der EU. Denn mit dem Aus­schluss der Schweiz schadet sich die EU selbst. Zürich gehört zu den inno­vativsten Regionen Europas, wie das Innovation Scoreboard der EU zeigt. Unsere Hoch­schulen sind als Koopera­tions­partner inter­national begehrt. EU-Länder wie Deutschland, deren Forschung eng mit jener der Schweiz verwoben ist, haben kein Interesse daran, diese Ver­bindungen zu schwächen. Allein im Bereich Medizin unter­hält die UZH 325 Forschungs­koopera­tionen mit Institu­tionen in Deutschland.

Schaepman: Unsere Forschung ist stark auf­gestellt, aber nicht alle Folgen des Aus­schlusses aus Horizon Europe lassen sich kompen­sieren. Besonders nach­teilig ist, dass wir am Wett­bewerb um EU-Grants nicht mehr teil­nehmen und damit unsere Leistungs­fähig­keit nicht mehr unter Beweis stellen können. Reputation – die wich­tigste Währung in der Wissen­schaft – gewinnen wir im Wett­streit. Wissen­schaft ist ähnlich kompetitiv wie zum Beispiel der Sport. Stellen Sie sich vor, die Schweiz als starke Ski­nation dürfte nicht mehr am Welt­cup, sondern nur noch an nationalen Rennen teil­nehmen. Die Anreize für Top­leistungen würden sinken, der Sport für Spitzen­athle­tinnen und -athleten an Attrak­tivität verlieren.

Was tut die UZH, um ihre inter­nationalen Netz­werke weiter­hin zu stärken?

Schaepman: Wir investieren viel Energie in die Pflege und Erweiterung unserer inter­nationalen Netzwerke. Sowohl bilaterale Partner­schaften wie Hoch­schul­allianzen spielen dabei eine Rolle. Der Beitritt zu Una Europa 2022 ermöglicht es uns, Vor­haben zu Themen wie Studien­mobilität oder Hoch­schul­entwicklung zusammen mit elf starken Partner­universitäten voran­zu­treiben, jede von ihnen aus einem anderen euro­päischen Land. Was speziell die Forschungs­zusammen­arbeit betrifft, sind bilaterale Partner­schaften wert­voll, aber jede dieser Partner­schaften ist jeweils nur für eine begrenzte Zahl von Fächern attraktiv. Zur Förderung von Forschungs­kooperationen ist Horizon Europe als welt­weit grösstes Hoch­schul­netzwerk effektiver.

«Das FORUM UZH steht für eine offene Universität, die Begegnung, Austausch und Vernetzung ermöglicht.»

Silvia Steiner

Vorhin haben wir über das Verhält­nis von Politik und Wissen­schaft gesprochen. Lassen Sie uns nochmals darauf zurück­kommen. Der Kanton Zürich investiert gross­zügig in die Forschung …

Steiner: … und kann sich dabei auf die forschungs- und inno­vations­freund­liche Ein­stellung der Zürcher Bevölkerung stützen. Der Regierungs­rat hat die Mittel für Forschung und Lehre an den universi­tären Spitälern um 12,3 Millionen auf 114 Millionen Franken auf­gestockt, zusätzliche 15 Millionen stellen der Kanton und die UZH ab 2023 gemeinsam zur Ver­fügung. Mit grosser Freude unter­stützt der Regierungs­rat das FORUM UZH – das neue Haupt­gebäude der UZH, das bis 2028 gebaut werden soll – und beantragt dem Kantonsrat 598 Millionen Franken. Das FORUM UZH steht für eine offene Universität, die Begegnung, Aus­tausch und Ver­netzung ermöglicht.

Investitionen wie die ins FORUM UZH zeugen vom Ver­trauen der Politik in die Wissen­schaft. Wie schafft Wissen­schaft Vertrauen?

Schaepman: Indem sie ihre gesell­schaft­liche Ver­ant­wor­tung wahr­nimmt. Die UZH ist Teil der Gesell­schaft. Alles, was sie tut, steht in einem gesellschaft­lichen Zusammen­hang und hat ent­sprechende Aus­wirkungen. Die Auto­nomie der UZH, von der wir sprachen, ist im Grunde nichts anderes als ein Vertrauens­vorschuss, den uns die Politik und damit letztlich die Gesell­schaft gibt. Dieses Vertrauen recht­fertigen wir durch die Qualität und den guten Ruf unserer Lehre, unserer Forschung und unserer Dienst­leistungen – aber auch dadurch, dass wir die Folgen des wissen­schaftlichen Handelns bedenken.

Erklären Sie das bitte an einem Beispiel!

Schaepman: Vielleicht ist die Wissen­schaft schon in einigen Jahren in der Lage, aus körper­eigenen Stamm­zellen mensch­liches Leben zu generieren. Welche Folgen hätte das für die Gesell­schaft? Wie stellen wir uns darauf ein? Die tech­nolo­gische Ent­wick­lung eilt dem all­gemeinen Ver­ständnis voraus, weshalb die Wissen­schaft auch die Auf­gabe hat, zu erklären, zu sensibili­sieren und Refle­xionen anzu­stossen. Wie Inno­vationen von der Gesell­schaft auf­genommen und ver­arbeitet werden, hängt stark von der Qualität öffent­licher und poli­tischer Debatten ab. Darauf kann und muss die Wissen­schaft Ein­fluss nehmen, indem sie ihre viel­fältigen und un­abhän­gigen fach­­lichen Gesichts­punkte ein­bringt. Nicht nur durch Lehre, Forschung und Inno­vation leistet Wissen­schaft einen Beitrag zur gesell­schaft­lichen Ent­wicklung, sondern auch durch Teil­nahme am öffent­lichen Diskurs.

Steiner: Gute Beispiele dafür, wie das geht, sind für mich die Digita­lisierungs­initiative der Zürcher Hoch­schulen (DIZH) und das Zurich Knowledge Center for Sustain­able Develop­ment (ZKSD). Diese inter­diszi­plinären Think­tanks, an denen sich die UZH zusammen mit anderen Zürcher Hoch­schulen mass­geblich beteiligt, helfen dabei, die Chancen der digi­talen Trans­formation kreativ zu nutzen und Lösungen für eine nach­haltige En­twicklung zu finden. Ich halte die Zusammen­arbeit der Diszi­plinen an der UZH – speziell auch in den Univer­sitären Forschungs­schwer­punkten – generell für vorbild­lich für die ganze Gesell­schaft. Schon deshalb, weil man davon lernen kann, unter­schiedliche Per­spek­tiven in einen kon­struktiven Dialog mit­einander zu bringen.

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