Storys aus Studium und Lehre

Gemeinsam die Zukunft der Lehre gestalten

Die Welt ver­ändert sich, und mit ihr die Art und Weise, wie Studie­rende lernen und Dozierende lehren. Ent­decken Sie, wie UZH-Dozierende gemein­sam neue Idee für die Lehre reali­sieren und damit die gesamte Universi­tät voran­bringen.

Begeisterung wecken: Fabian Morsbach, Nina Galushko-Jäckel und Judith Engeler Dusel vom Projekt Curriculum­entwicklung an der Medizinischen Fakultät.

Die Zukunft der Lehre an der UZH ist …

… lernziel­orientiert

Im Medizin­studium beginnt eine neue Ära

Das Medizin­studium an der UZH wird grund­legend neu ausge­richtet: Die Förderung von klinischem Denken und Handeln erhält gegenüber der reinen Wissens­vermittlung mehr Gewicht.

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Er wirke in Gesprächen mit Patient­­innen oder Patienten immer noch unsicher. Dieses Feed­­back hat Medizin­­student Nasir im klinischen Unter­suchungs­­kurs erhalten. Wie kann er sich nun weiter­­entwickeln und seine kommuni­­kativen Fähig­­keiten verbessern?

Die Heraus­­forderung
Der Schweizerische Lernziel­­katalog Human­­medizin (PROFILES) verfolgt einen kompetenz­­basierten Ansatz: PROFILES definiert Rollen, professionelle Aktivitäten und Situationen, die die Studie­renden im medizi­­nischen Alltag beherrschen sollten. Um diese Lern­­ziele zu erreichen, müssen Lernende nicht nur Fach­­bücher wälzen, sondern dieses Wissen mit entsprech­­enden Hard und Soft Skills kombinieren. Während das frühere Curri­­culum auf das Vermitteln und Testen von Wissen fokussierte, steht neu klinisches Denken und Handeln im Mittel­­punkt: Sie werden nicht mehr wie früher eher bei­­läufig in der Klinik erlernt, sondern während des Studiums explizit trainiert und über­­prüft. Diese Veränderung verlangt eine grund­­legende Neu­aus­richtung der klassischen Medizin­­ausbildung hin zum kompetenz­­orientierten Unter­­richten. Doch wie lässt sich das bestehende, traditions­reiche Curri­culum gemäss den neuen Lern­­zielen und Lehr­­konzepten über­­arbeiten?

Die Ermöglicher­innen und Ermöglicher
Auf der Basis von evidenz­basierter Medizin­didaktik sowie in regem Aus­tausch mit anderen Medical Schools hat das Team Curriculum­entwicklung der Medizi­nischen Fakultät eine Gesamt­strategie für die kompetenz­basierte Medizin­ausbildung an der UZH entwickelt. Das Projekt wird von der Universitären Lehr­förderung (ULF) in der Förder­linie «program_innovation» unter­stützt. Es besteht aus den drei Teil­projekten Lern­begleitung, neue Assessment­formate und Faculty Development, die in ihrem Zusammen­spiel die moderne Lehr- und Lern­kultur ein­läuten.
«Damit die Studierenden Kompetenzen entwickeln können, benötigen sie Feed­back», erklärt Anna Brunello, die für die Umsetzung der Lern­begleitung verantwortlich ist. In halb- bis viertel­jährlichen Coaching-Sessions werden die Studierenden in Zukunft ihre Stärken und ihr Entwicklungs­potenzial reflektieren und ihr Lernen dement­sprechend anpassen. Als Feed­back-Quellen für den Entwicklungs­stand der studentischen Kompetenzen greifen jedoch die üblichen Multiple-Choice-Prüfungen viel zu kurz. «Wir müssen neue formative Assessments entwickeln, die das Potenzial der Studierenden aufzeigen – zum Beispiel Simulationen oder Refle­xionen», erklärt Judith Engeler Dusel, Gesamt­leiterin des ULF-Projekts an der Medizinischen Fakultät. Begleitet wird die Reform vom Faculty Development, das alle Dozie­renden in die aktuellen Lehr­konzepte ein­führt und in der didak­tischen Umsetzung schult.

Der Lösungs­ansatz
Derzeit pilotieren Engeler Dusel und Brunello die Lern­begleitung mit 36 Studierenden und sechs Fakultäts­mitgliedern im Joint Medical Master mit der Universität Luzern, um Mach­barkeit und Erfolg eines solchen Coachings zu prüfen. Als Vorbe­reitung auf das Gespräch reflektieren die Studierenden ihr E-Portfolio, in dem sie Über­legungen, summative und formative Assessments sammeln. Idealer­weise kommen sie mit einer Frage zum Coaching – so wie es Nasir getan hat.
Das Gespräch findet in Sechser-Gruppen statt, ange­leitet von einem Dozenten oder einer Dozentin, die im Coaching trainiert ist und den Studie­renden durch Fragen und Coaching-Techniken hilft, selbst­ständig einen möglichen Lern­weg zu erkennen. Die persönliche Entwicklung ist im Medizin­studium mindestens genauso wichtig wie die fachliche: So erarbeiten die Studierenden beispiels­weise Strategien, wie sie selbständig mit ihren individuellen Heraus­forderungen umgehen, innere Hinder­nisse über­winden oder evidenz­basiert lernen können. Das Ziel der Lern­begleitung ist, dass Studierende zu «Master Adaptive Learners» werden, die sich selbst­gesteuert und lebens­lang weiter­bilden.
Die Zusammen­setzung der Sechser-Gruppen ist bewusst durch­mischt: Jede Studentin, jeder Student befindet sich in einem anderen Studien­jahr. «Studierende können sich dadurch gegen­seitig unter­stützen und entwickeln dabei eigene Coaching-Kompetenzen», erklärt Brunello. Studien zeigen zudem, dass Lernende, die sich sozial einge­bunden fühlen, bessere Leistungen erbringen und ihr Studium mit geringerer Wahr­scheinlichkeit abbrechen.

Unsere Lehr­gemeinschaft
Diese Form der Lern­begleitung ist schweiz­weit einzig­artig und derzeit an keiner grösseren Medizinischen Fakultät etabliert. Doch auch das beste Konzept zur Curriculum-Entwick­lung greift nicht, wenn nicht alle an einem Strang ziehen. Deshalb ist das Faculty Development – also die Weiter­bildung der Dozierenden – das Herz­stück der Gesamt­strategie.
«Wir möchten die Fakultät für den neuen Weg begeistern», erzählt Engeler Dusel. Ab 2024 wird das Team Curriculum­entwicklung Dozierende in die neuen Lehr­konzepte einführen und sie bei der erfolg­reichen Umsetzung im Unterricht unter­stützen, anschliessend über­nehmen auch diese Dozierenden als Multipli­katoren solche Instruktions­aufgaben. Durch den so entstehenden «Schnee­balleffekt» verbreitet sich das didaktische Wissen effizient und nieder­schwellig innerhalb der gesamten Fakultät.
Die Erfahrungen, die die Medizinische Fakultät bei der Neu­gestaltung ihres Curriculums sammelt, sind für die gesamte Universität wert­voll. Denn die Hin­wendung zu einer kompetenz­basierten und lernziel­orientierten Studien­planung zeichnet sich auch in anderen Disziplinen ab.

Steckbrief

Projekt: Curriculumentwicklung Medizinische Fakultät, unterstützt durch die Förderlinie program_innovation der Universitären Lehrförderung (ULF)
Ebene: Curriculum Bachelor- und Masterstudium
Verantwortliche Projekt: Prof. Dr. med. Dominik Schaer, Dr. Yasmin Bayer, KD Dr. med. MME Judith Engeler, pract. med. Micha Gundelfinger, Dr. med. MME Anna Brunello, Dr. Nina Galushko-Jäckel, PD Dr. med. Fabian Morsbach
Fakultät: Medizinische Fakultät

Gemeinsam neue Formen der Lehre entwickeln: Stadtforscherin Julie Ren, Bea Schwager von der Sans-Papiers Anlaufstelle Zürich (SPAZ), Projekt-Mitarbeiterin Ifigeneia Dimitrakou und Hanna Hilbrandt, Professorin für Sozialgeographie (von links nach rechts).

Die Zukunft der Lehre an der UZH ist …

… forschungs­basiert

Lehre auf den Kopf gestellt

Im Projekt «Stadt ohne Papiere» unter­suchen Studierende kolla­borativ die prekären Lebens­bedingungen von Sans-Papiers. Das neu­artige Lehr­format widmet sich aktuellen Themen der Stadt­forschung und hinter­fragt dabei die klassischen Rollen in Wissen­schaft und Lehre. 

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Wie wohnen Sans-Papiers in Zürich? Welche Probleme stellen sich ihnen – etwa bei der Wohnungs­suche? Solchen Fragen waren Studierende im Früh­jahrs­semester 2023 auf der Spur.

Die Heraus­forderung
Im Projekt «Stadt ohne Papiere» arbeiten Dozierende und Studierende mit neun Sans-Papiers sowie Mitarbeit­enden der Sans-Papier Anlauf­stelle Zürich zusammen. «Wir möchten nicht im Elfenbein­turm sitzen, sondern Forschung und Lehre partner­schaftlich gestalten», sagt Stadt­forscherin Julie Ren. Die Heraus­forderung bestand darin, Prinzipien partner­schaftlicher trans­disziplinärer Zusammen­arbeit, die sich in der Stadt­forschung bewährt haben, auf die Lehre zu über­tragen.

Die Ermöglicher­­innen und Ermöglicher
Entwickelt hat das forschungs­basierte Lehr­format «Stadt ohne Papiere» die Initiative «Züri Urban» der Abteilung für Sozial­geographie und Stadt­forschung am Geo­graphischen Institut der UZH. Bereits zweimal haben die Stadt­forscherin Julie Ren und die Sozial­geographie-Professorin Hanna Hilbrandt das Wahl­modul mit Sans-Papiers und der Sans-Papiers Anlauf­stelle Zürich (SPAZ) durch­geführt. Master­studierende experimen­tieren in diesem Modul mit innovativen Formen der gemein­samen Wissens­produktion: Sie lernen nicht über, sondern gemein­sam mit Sans-Papiers.
Das neu­artige Setting stellt nicht nur die traditionelle Rollen­verteilung von Lehrenden und Lernenden auf den Kopf, sondern hinter­fragt auch die klassische Unter­teilung von Forschenden und Beforschten: Wer ist denn eigentlich Expert:in für die Situation der Sans-Papiers? Sind es tatsächlich die Forschenden? Oder nicht viel eher die Sans-Papiers selbst? Das Projekt durch­leuchtet die gängigen Annahmen zum Thema und schliesst – durch kollektive Recherche – aktuelle Wissens­lücken.

Der Lösungs­ansatz
In forschungs­basierten Lehr­formaten nehmen Studierende aktiv an der Wissens­produktion teil und lernen so den Forschungs­prozess von der Definition der Frage­stellung bis hin zur Publikation kennen. Die aktive Arbeit motiviert und befähigt sie, eigen­ständig Forschungs­fragen zu lösen. Dieses Ziel verfolgt auch das Projekt «Stadt ohne Papiere».
Für die gemein­same Arbeit musste eine Vertrauens­basis geschaffen werden, dazu wurde ein geschützter Rahmen etabliert, in dem sich alle Beteiligten einschliess­lich der Sans-Papiers offen äussern konnten und in dem Fragen zu Rollen, Zielen, Interessen und Anonymität geklärt wurden. Das Forschungs­kollektiv teilte sich in drei gemischte Gruppen auf und nahm die Wohnungs­suche der Sans-Papiers, den Wohn­alltag und die damit verbundenen rechtlichen Wider­sprüche unter die Lupe.
Um passende qualitative Methoden zu finden, mussten die Teil­nehmenden kreativ werden: Aufgrund der Sprach­barrieren konnten sie sich nicht aus­schliesslich auf Interviews und Umfragen verlassen. Ab­hilfe schufen neue Methoden wie beispiels­weise mehr­sprachige Forschungs­tagebücher.  Auch die Wissenschafts­kommunikation gehörte zum Modul. Die Studierenden dokumentierten Teile ihrer Erkenntnisse auf dem Blog «Züri Urban» und in einem Artikel auf der Online-Platt­form «Tsüri».

Unsere Lehr­gemein­schaft
Die kollaborative Lehr­forschung sensibilisiert Studierende für unter­schiedliche Sicht­weisen und führt sie an die Koproduktion von Wissen heran. Informelle Gespräche, gemein­same Mittag­essen oder Aktivitäten ausser­halb des Projekts ermöglichten es allen Beteiligten, Hürden und Vor­urteile abzubauen und sich auf Augen­höhe zu begegnen.
Die Zusammen­arbeit mit einer vulnerablen Gruppe, wie es die Sans-Papiers sind, schärfte den Blick den Beteiligten für unter­schiedlichste Aspekte kollaborativer Lehr­forschung. Zum Beispiel: Wie gross ist das Sicher­heitsrisiko beim Austausch von Telefon­nummern? Zu welcher IT-Infra­struktur haben Sans-Papiers Zugang? Haben alle Beteiligten das gleiche Verständ­nis von Forschung? Und was bedeutet es, fair und auf Augen­höhe zusammen­zuarbeiten?
Damit interessierte Dozierende bei der Planung, Durch­führung und Evaluation von ähnlichen kollaborativen Lehr­forschungs­projekten nicht bei null anfangen müssen, haben Hilbrandt und Ren ihre Erkenntnisse in einem Toolkit nieder­geschrieben. Darin gehen sie auf mögliche Schwierig­keiten ein und liefern Check­listen und Bei­spiele. «Reflexion ist zentral, um Lehre weiter­zuentwickeln», erklärt Ren. «Mit dem Tool­kit machen wir unsere Erfahrungen für andere nutz­bar.»

Steckbrief

Projekt: KoLab – Kollabo­rative Lehr­forschung in der Stadt («Stadt ohne Papiere»), unter­stützt durch die Förder­line open_innovation der Universitären Lehrförderung
Ebene: Methoden-Modul für Geographie­studierende auf Master­stufe (Wahl­pflicht­modul)
Verant­wortliche Projekt: Prof. Dr. Hanna Hilbrandt, Dr. Julie Ren
Website: https://www.zueri-urban.com/ 
Fakultät: MNF, Toolkit für alle Fakultäten
Fach­bereich: Sozial­geographie und Stadt­forschung

Die Lehre mitzu­gestalten bringt nachhaltigen Erkenntnis­gewinn und macht Spass. Im Bild: Studierende der UZH.

Die Zukunft der Lehre an der UZH ist …

… aktivierend

Mit­gestalten statt büffeln

UZH-Dozierende ent­wickeln ein Online­tool, das Studierende auf­fordert, Prüfungs­fragen zum Unterrichts­stoff zu formulieren. Davon profitieren beide Seiten: Die Studie­renden festigen ihr Wissen, und die Dozierenden erfahren, wo die Heraus­forderungen des Stoffs liegen.

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Es ist kurz vor Mitter­nacht und morgen steht die Prüfung an: Für Belinda ist der Poly­morphismus in der Programmierung immer noch ein Rätsel. Vielleicht hätte sie doch nicht erst gestern mit dem Lernen anfangen sollen?

Die Heraus­forderung
«Wir beobachten, dass Studierende mehr und mehr dazu tendieren, erst kurz vor den Prüfungen zu lernen», erklärt Harald Gall, Informatik­professor und Dekan der Wirtschafts­wissen­schaftlichen Fakultät (WWF). «Das führt aber nur zu beschei­denem kurz­fristigem Erfolg und selten zu tiefem Verständnis und Langzeit­wissen.» Das wird zum Problem, denn es braucht dieses fest im Gedächtnis verankerte Wissen als Basis, um später vernetzt und kritisch an Heraus­forderungen im studierten Fach­gebiet heran­gehen zu können. Studien zeigen, dass Lernende neue Inhalte besser verknüpfen, wenn sie sie regel­mässig anwenden und in andere Formate über­setzen. Doch wie können Dozierende die Studierenden dazu motivieren, sich kontinuierlich und intensiv mit den Inhalten der Lehr­veranstaltungen auseinander­zusetzen?

Die Ermöglicherinnen und Ermöglicher
Gemein­sam mit seinem Post­doktoranden Carol Alexandru hat sich Gall über diese Fragen Gedanken gemacht. Denn insbe­sondere in den Gross­veranstaltungen der Grund­ausbildung ist es eine Heraus­forderung, Studierende aktiv zu beteiligen. In Zusammen­arbeit mit dem Team «Digitale Prüfungen und Lehre» des Dekanats und dem Institut für Informatik haben die beiden Visionäre ein Konzept mit doppeltem Nutzen erarbeitet: Im «Crowd­sourced Durable E-Learning Tool» erhalten Studierende regel­mässig die Auf­gabe, mögliche Übungs- und Prüfungs­fragen zum behandelten Stoff zu formulieren. Die Fragen werden anschliessend gesammelt und bewertet. Den Dozierenden dienen sie auch als Input zur Erstellung von Übungen, Selbst­tests oder auch der Prüfung. Es sind willkommene Bei­träge, denn im Zeit­alter von Open-Book-Online-Prüfungen und ChatGPT ist das Schreiben von guten Prüfungen besonders zeit­aufwändig geworden: «Um Betrug zu verhindern, braucht es oft zehn verschiedene Varianten einer Frage», erklärt Alexandru. «Da kann uns der Frage­pool unterstützen, den wir mit­hilfe der Studierenden aufbauen.»

Der Lösungs­ansatz
Das interaktive Unterrichts­tool, das Alexandru derzeit entwickelt, soll künftig auf der Lern­plattform OLAT zu finden sein. Als Teil der üblichen Wochen­aufgaben fordert es die Studierenden dazu auf, Prüfungs­fragen zum soeben behandelten Themen­gebiet zu entwickeln und einzu­reichen. Nachdem solche möglichen Prüfungs­fragen einge­gangen sind, spielt das Unterrichts­tool allen anderen Studierenden zehn Fragen zu, die sie lösen und gemäss vorgegebenen Kriterien wie Qualität, Schwierigkeit und Zeit­aufwand bewerten sollen. Danach sortieren Machine-Learning-Algo­rithmen ähnliche Fragen aus und helfen auch, allfällige Fehler zu korrigieren.
Die Assistierenden und Dozierenden treffen nun aus einer kleinen Menge von qualitativ vorge­prüften Fragen eine Aus­wahl, sei es für eine Zwischen­prüfung, eine neue Aufgabe oder eine Schluss­prüfung. Dieses mehr­stufige Verfahren filtert somit die besten Fragen aus einer sehr grossen Menge potenzieller Fragen heraus, die die Dozierenden anschliessend begut­achten und verwenden können.
Über die Jahre wächst so ein hoch­wertiger Frage-Pool heran – zum Nutzen von Lernenden und Dozierenden: Studierende festigen während der Wochen­aufgabe nicht nur ihr Wissen, sondern können sich aus der entstandenen Fragen­sammlung innert weniger Sekunden Tests zusammen­stellen lassen, um für die Prüfung zu üben. Für Dozierende vereinfacht sich zusätzlich die Hand­habung von Repetitions­prüfungen und Auswahl­tests für neue Master­studierende. Aufgrund der unzähligen und einfach zu generierenden Test­varianten wäre es in Zukunft sogar denkbar, dass die Prüfungen nicht mehr zu einem fixen Zeitpunkt statt­finden, sondern von den Studierenden in einem Prüfungs­center absolviert werden, sobald sie sich gut vorbereitet fühlen.

Unsere Lehr­gemeinschaft
Dass die Studierenden so eng in die Lehre mitein­bezogen werden, hat mehrere Vor­teile: Einerseits motiviert es sie, sich besser und früher auf die Prüfung vorzu­bereiten. «Um gute Fragen formulieren zu können und dadurch Bonus­punkte zu erhalten, müssen sich die Lernenden bereits in den Stoff einge­lesen und die Konzepte verstanden haben», erklärt Gall. Anderer­seits schafft die innovative Herangehens­weise mehr Transparenz im Hin­blick auf die Prüfung, sodass Lernende sich sicherer fühlen und bessere Ergebnisse erreichen können.
Auch andere Fakultäten interessieren sich für das Durable Learning Tool. 2024 wird es in Form eines Pilot­projekts in unterschied­lichen Lehr­veranstaltungen der UZH getestet und steht ab 2025 auf OLAT allen interessierten Dozierenden zur Verfügung. Obwohl sich die Lehr­inhalte an den UZH-Fakultäten unter­scheiden, sind die angewandten Lern­methoden oft die gleichen. Methodische Unterrichts­tools können deshalb in unter­schiedlichen Fächern genutzt werden und wirken dabei als wahre Brücken­bauer: «Sie fördern Kommunikation und Aus­tausch über Disziplinen hinweg», erzählt Alexandru.

Steckbrief

Projekt: Crowd­sourced e-Assessment for Durable Learning, gefördert von focus_innovation
Ebene: Tool für den Ein­satz in Lehr­veranstaltungen
Verantwortliche Projekt: Prof. Dr. Harald Gall, Dr. Carol Alexandru
Fakultät: Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät / zu­gänglich für alle Hoch­schulen, die OLAT nutzen
 

Gute Idee, starker Effekt: Consuela Müller, Leiterin des ECON Teaching Centers, teilt ihr Wissen im Bereich E-Learning fakultäts­über­greifend mit Dozierenden der UZH. Rechts im Bild: Simon Klaassen, Projekt­mitarbeiter und Teaching Assistant am ECON Teaching Center.

Die Zukunft der Lehre an der UZH ist …

…individualisiert

Fit fürs E-Learning

In digitalen Selbst­lern­bereichen können Studierende Lern­prozesse ihren indivi­duellen Bedürfnissen anpassen und Inhalte in ihrem eigenen Tempo vertiefen. Eine an der UZH entwickelte Online-Schulung unter­stützt Dozierende beim Auf­bau eigener E-Learning-Angebote.

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Die Vor­lesung über Produktion und Kosten in Unter­nehmen fand Maurus besonders interessant. Aller­dings ging es ihm etwas zu schnell, als die Dozentin die unter­schiedlichen Kosten­arten präsentierte. Deshalb möchte er heute Nach­mittag das Thema im digitalen Selbst­lernbereich nochmals repetieren und mit den dort bereit­gestellten virtuellen Kartei­karten üben.

Die Heraus­forderung
Studierende unter­scheiden sich im Hin­blick auf ihr Vor­wissen, ihre Interessen und ihre Lern­geschwindigkeit. Während Dozierende im Klein­gruppen­unterricht problem­los auf individuelle Voraus­setzungen eingehen können, braucht es in Gross­veranstaltungen meist zusätzliche Hilfs­mittel: Online-Lern­angebote sind eine ideale Ergänzung zu Präsenz­veranstaltungen, da sie es Studierenden ermöglichen, Inhalte individuell zu vertiefen. Doch der Aufbau von digitalen Selbst­lernbereichen ist zeit- und kost­spielig und verlangt neben didaktischen ein hohes Mass an technischen Fähigkeiten. Wie können wir interessierte Dozierende möglichst effizient in den nötigen digitalen Skills schulen?

Die Ermöglicher­­innen und Ermöglicher
«Natürlich mit Hilfe eines digitalen Selbst­lern­bereichs für Dozierende», hat sich Consuela Müller, Leiterin des ECON Teaching Centers an der Wirtschafts­wissenschaftlichen Fakultät (WWF) gedacht. Gefördert durch das Projekt «Digital Skills for You (DISK4U)» hat sie eine Online-Schulung ent­wickelt, die Schritt für Schritt aufzeigt, wie E-Learning-Angebote für Studierende erstellt werden können.
Müller schöpft dabei aus ihrer lang­jährigen Erfahrung: Seit 2014 gestaltet sie für das Institut für Volks­wirtschafts­lehre die E-Learning-Plattformen für alle Pflicht­veranstaltungen
der Assessment- und Bachelor­stufe mit mehr als 1000 Studierenden pro Semester. Sie erinnert sich noch gut daran, wie sie ihr erstes Lern­video im stillen Kämmerchen gedreht hat. Heute kommt ihre Arbeit hoch­professionell daher: Selbst designte, nutzer­freundliche Ober­flächen auf der Lern­plattform OLAT, interaktive Videos, innovative Lern­tools und spielerische Wissens­überprüfung.
«Mein Team und ich haben extrem viel dazu­gelernt», sagt Müller. Dieses Wissen möchte sie mit der Schulung «Digitales Selbst­lernen» allen Dozierenden der UZH zur Verfügung stellen. Über die Lern­plattform OLAT können Interessierte kosten­los darauf zugreifen und mit der Konzeption eigener Selbst­lernbereiche beginnen.

Der Lösungs­ansatz
In drei Modulen vermittelt die Schulung das nötige didaktische und technische Wissen. In einem ersten Schritt werden die Interessierten in den Auf­bau eines Lern­bereichs eingeführt und über deren Vorteile und Grenzen informiert. Denn eine digitale Ergänzung zur Präsenz­veranstaltung lohnt sich erst bei sich wieder­holenden Kursen mit über 50 Teilnehmenden. Auf Basis der Lern­ziele der eigenen Lehr­veranstaltung wählen die Dozierenden anschliessend einen passenden Kurstyp aus und fügen mit Hilfe einer bebilderten Anleitung erste Kurs­bausteine hinzu. Fortgeschrittene können ihr Kurs-Design mit einem selbst geschriebenen HTML-Template personalisieren.
Der zweite Teil der Schulung widmet sich der Erstellung von Lern­videos. «Damit lassen sich komplexe Inhalte intuitiv und leicht verständlich vermitteln», erklärt Müller. Studien haben gezeigt, dass das Lern­video-Format einen signifikanten Einfluss auf den Lern­erfolg hat. Deshalb vermittelt das ECON Teaching Center, welche Formate für welche Lern­ziele geeignet sind und wie Interaktions­elemente zum aktiven Mit­denken anregen.
Damit die Dozierenden mit der Produktion gleich los­legen können, hat Müller ihre praktischen Erfahrungen nieder­geschrieben: Von der Qualität von Kameras und Mikro­fonen über das Schneiden und Publizieren bis hin zu rechtlichen Belangen erklärt sie alles fein­säuberlich mit Bildern, Beispielen und Videos. Besonders hilf­reich sind die Listen mit geeigneten Bearbeitungs­softwares und Tutorials, zum Beispiel zur Erstellung von Animationen.
Das letzte Modul widmet sich der Wissens­überprüfung. Denn nur mit Hilfe von Aufgaben und Feed­back können die Studierenden erkennen, ob sie die Lern­inhalte korrekt verstanden haben. Anhand von Tutorials ergänzen die Dozierende ihren digitalen Selbstlern­bereich mit Tools zur Wissens­überprüfung – also zum Beispiel mit Lücken­texten, Lern­karten oder Single-Choice-Fragen. Dabei sollen die Frage­typen möglichst das finale Prüfungs­format wider­spiegeln.

Unsere Lehr­gemeinschaft
«Digitales Selbst­lernen» hält für jeden etwas bereit: Dozierende, die den Kurs von A bis Z durch­arbeiten, stehen anschliessend mit ihrem eigenen Selbst­lernbereich da. Doch ebenso gut können sie sich punktuell inspirieren lassen und einzelne Elemente in ihre Lehre ein­bauen.
Das Projekt von Müller ist ein gelungenes Bei­spiel für die kollaborative Lehr­gemeinschaft an der UZH: Die Lehr­entwicklerin teilt ihre über Jahre hinweg erarbeitete Expertise mit den Dozierenden. Deren Feed­back wiederum hilft Müller dabei, das Angebot stetig zu verbessern und weiter­zuentwickeln. Dieser Dialog zwischen Angebots­entwickler:innen und Nutzer:innen sei zentral, um gute digitale Selbst­lernbereiche aufzu­bauen, sagt Müller. Deshalb empfiehlt sie den Dozierenden eine enge Zusammen­arbeit mit den Studierenden.

Steckbrief

Projekt­name: Digitales Selbstlernen
Ebene: Schulung für Dozierende
Projekt­verantwortliche: Consuela Müller
Fakultät: Die Online-Schulung ist zugänglich für Dozierende aller Fakultäten
Entwickelt am: ECON Teaching Center im Rahmen des Projekts DISK4U
 

Herausforderungen fach­übergreifend angehen: Titus Neupert (Co-Direktor der DSI) und Ursula Brack (Curriculum­entwicklerin) zusammen mit den Studierenden Hatice Kübra Parmaksiz und Till Hermann Walter Baier (rechts im Bild), die sich am Aufbau des Studien­programms beteiligen.

Die Zukunft der Lehre an der UZH ist …

… transdisziplinär

Bereit für die Arbeits­welt?

Im neuen Master-Studien­programm «DSI Minor Digital Skills», das im Herbst 2024 an der UZH lanciert wird, erwerben Studierende nicht nur digitale Fertig­keiten, sondern suchen gemein­sam mit Forschenden auch Antworten auf aktuelle Fragen. Ein neues Konzept, das die Beteiligten auf die Zukunft vorbereitet – und die UZH weiter­bringt.

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Nach ihrem Abschluss möchte die Biomedizin­studentin Feng digitale Gesundheits­angebote entwickeln, um Lücken in der Gesundheits­versorgung zu schliessen. Deshalb hat sie sich vorgenommen, ihre Studien­zeit zu nutzen, um sich die nötigen technischen Fähig­keiten anzueignen und sich zugleich eine Übersicht über die ethischen und rechtlichen Aspekte ihres Bereichs zu verschaffen.

Die Heraus­forderung
Die digitale Trans­formation bietet viele Chancen, Probleme in einer neuen Art und Weise anzu­packen, und sie verändert unsere Arbeits­welt. Studierende müssen am Ball bleiben und sich laufend neue Fertig­keiten im Umgang mit digitalen Werk­zeugen aneignen. Dabei dürfen sie die kritische Reflexion nicht vergessen. Auch soziale und kommunikative Kompe­tenzen sind wichtig. Oft sind heutige Heraus­forderungen so komplex, dass sie nur mit Hilfe von inter­disziplinären Teams gelöst werden können. Wie können wir die Studierenden auf diese anspruchs­volle Arbeits­welt vorbereiten? Wie rüsten wir sie mit praktischen Fähig­keiten und der nötigen Weit­sicht aus?

Die Ermöglicher­­innen und Ermöglicher
Die Digital Society Initiative (DSI) ist ein Kompetenz­zentrum der UZH, das sich der digitalen Trans­formation von Gesell­schaft und Wissen­schaft widmet. Die über dreissig an der DSI angesiedelten Professuren erforschen den digitalen Wandel und nutzen Erkenntnisse aus der Grundlagen­forschung, um zukünftige Entwicklungen in Gesellschaft, Kultur, Politik, Wirtschaft und Wissen­schaft zu gestalten. Zudem stellt die DSI Lehr­angebote für Studierende aller Fakultäten bereit, die sich mit der digitalen Trans­formation auseinander­setzen und diese aktiv mitge­stalten möchten.
2024 lanciert die DSI ein einzig­artiges Minor-Studien­programm, das auf die Bedürfnisse von Studierenden wie Feng zugeschnitten ist. Das Curriculum wird jährlich aktualisiert und kann dadurch auf gegen­wärtige Entwicklungen reagieren. Studierende lernen nicht nur Programmieren, sondern wenden die erworbenen Skills direkt in inter­disziplinären Problem­stellungen an. «Es ist kein Mini-Informatik­studium, sondern ein Studien­programm mit viel breiterem Ansatz», fasst die Curriculums­entwicklerin Ursula Brack zusammen. Der Minor, den Studierende aller Fakultäten belegen können, sensibilisiert die Teilnehm­enden für die begleitenden ethischen, rechtlichen und sozialen Fragen und integriert unter­schiedliche Perspektiven und Methoden. «Hier wird Trans­disziplinarität als Wert an sich gelernt», erklärt Titus Neupert, Co-Direktor der Digital Society Initiative.

Der Lösungs­ansatz
Die Kombination von Hard und Soft Skills, die in der heutigen Arbeits­welt gefragt ist, findet sich auch im Studien­programm wieder: «Inter­disciplinarity and Digital Transformation», «Programming, Machine Learning & AI» und «Digital Skills & Tools» nennen sich die drei Modul­gruppen des Studien­programms. Dabei definieren die Studierenden individuell, welche Fähig­keiten sie sich aneignen wollen. Der transdisziplinäre Kurs «Teamwork on Digital Transformation Challenges» bildet das Herz­stück: Hier setzen die Studierenden ihre unter­schiedlichen fachlichen Hinter­gründe und die erworbenen digitalen Fertig­keiten ein, um gemeinsam innovative Lösungen für reale Heraus­forderungen zu entwickeln.
Die sogenannten «Challenges», von denen die Studierenden eine wählen und in einem interdiszi­plinären Team bearbeiten, werden von UZH-Forschenden gestellt. Es handelt sich dabei um eine aktuelle Frage­stellung, die in ihrem Forschungs­bereich in Bezug auf die digitale Transfor­mation relevant wird. «Das Tolle daran ist, dass die Lehr­inhalte bereits im DSI-Netz­werk existieren», sagt Brack. «Wir brauchen bloss die richtigen Menschen zusammen­zubringen.»
Im Herbst­semester 23 haben Neupert und Brack das neuartige Kurs­format mit zwei Challenges getestet: Janna Hastings, Professorin für Medical Knowledge and Decision Support, hat die Studierenden eingeladen, zu erforschen, welche anatomischen Fehler bild­generierende KI macht und mit welchen Prompts sich diese minimieren lassen. Anschliessend trainierten die Lernenden ein KI-Modell, um heraus­zufinden, wie stark es sich verbessern kann.
Weniger lösungs­orientierte, sondern eher reflektierende Antworten suchte die Challenge von Fabian Winiger, der im Bereich Digital Religions forscht. Er beobachtete, dass die teil­weise extrem realistische Virtual Reality (VR) oft für Shooter-Games eingesetzt wird und fragte: Wie kann VR für etwas Sinn­volles einge­setzt werden? Anhand eines digital-ethnologischen Ansatzes unter­suchten die Studierenden bestehende virtuelle Realitäten, die Empathie oder Gemein­schaft anregen, Bewunderung oder Inspiration aus­lösen.
Anhand der Challenges und mit den beiden Forschenden als Supervisor setzten sich die Teams mit den Möglich­keiten und Grenzen der Digitalisierung ausein­ander. Im Laufe der Projektarbeit konnten sich die Studierenden immer wieder mit weitere Expert:innen austauschen und neue Inputs erhalten. «Die enge Zusammen­arbeit zeigt, dass Lehre für die Forschung gewinn­bringend sein kann», erklärt Neupert. Zugleich treibt das Teamwork-Modul die Weiter­entwicklung des Curri­culums an: Die Challenges weisen darauf hin, welche Digital Skills für die Studierenden in Zukunft relevant werden.

Unsere Lehr­gemeinschaft
All diese Prozesse spielen sich immer montags – dem «Minor Monday» – in den Räumen der DSI ab. Denn Neupert und Brack haben die Vorteile von Präsenz und informellen Gesprächen erkannt: Bei Kaffee und gemein­samem Mittag­essen entsteht ein Aus­tausch auf Augen­höhe, Nähe und Vertrauen.
Dieses Netz­werk ist wohl die wichtigste Komponente des ersten UZH-Studien­programms, das nicht an einer Fakultät angesiedelt ist. «Für trans­disziplinäre Lehre braucht es alle», sagt Brack. Das Curri­culum des Minors entwickeln Neupert und Brack deshalb gemeinsam mit einer Community of Practice (CoP), an der nicht nur Dozierende, sondern auch Forschende, Studierende und Facilitators teilnehmen können – ganz ohne Verpflichtungen. Regel­mässig lädt die DSI Interessierte zu CoP-Meetings ein, wo Projekt­ideen und die aktuelle Entwicklungen besprochen werden. In solchen Brain­storming-Sitzungen entstanden beispiels­weise die Challenges oder auch die Inhalte des Einführungs­moduls «Digital Transformation – a Scientific Overview». «Wir möchten zeigen, wie wertvoll die Voll­universität ist – wie innovativ wir sind, wenn alle zusammen­kommen», sagt Neupert.

Steckbrief

Projekt: Der DSI Minor Digital Skills wird mehrheitlich durch Mittel der DIZH finanziert. Einzelne Module werden unterstützt durch die Förderlinie program_innovation der Universitären Lehrförderung (ULF) und das Programm P-8: Digital Skills for You von swissuniversites.
Ebene: Master-Minor-Studiengang, zugänglich für alle Studierenden der UZH
Verantwortliche Projekt: Prof. Dr. Titus Neupert, Ursula Brack
Website: https://www.dsi.uzh.ch/de/education/digital-skills.html
Konzipiert und durchgeführt von: Digital Society Initiative (DSI)
 

Machen grenz­über­schreitendes Studieren möglich: Annika Martin (Projektleiterin), Martin Dusinberre (Professor für Global History), Peter Finke (Professor für Ethnolgie und designierter Studien­programm­direktor), Andreas Heinemann (Professor für Handels-, Wirtschafts- und Europa­recht).

Die Zukunft der Lehre an der UZH ist …

… international

In drei Jahren durch Europa

Der Una Europa Joint Bachelor in European Studies ermöglicht es Studierenden, an bis zu drei euro­päischen Universi­täten zu studieren. Ab 2025 beteiligt sich die UZH an diesem einzig­artigen Studien­programm.

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Reisen, sein Studium frei gestalten, unter­schiedliche Kulturen und Sprachen kennen­lernen: Wie viele andere Studierende auch reizt Francesca die Aus­sicht auf internationalen Austausch. Sie möchte Europa entdecken und von den Angeboten renommierter Universitäten profitieren.

Die Heraus­forderung
Eine intern­ationale Ausbildung verbessert die beruflichen Perspektiven der Studierenden erheblich, denn Welt­gewandtheit und interkulturelles Verständnis sind auf dem globalen Arbeitsmarkt gefragt. Trainings­möglichkeiten dazu bieten multi­kulturellen Teams an der UZH oder Austausch­semester an ausländischen Universitäten. Der UZH ist es ein Anliegen, sowohl die Diversität der UZH-Community als auch die Studierenden­mobilität zu fördern.

Die Ermöglicher­innen und Ermöglicher
Hochschul­netzwerke sind wichtige Treiber von innovativen und international ausgerichteten Lehrformaten. Seit 2022 ist die UZH Mitglied von Una Europa. Die Partner­universitäten dieser führenden euro­päischen Hochschul­allianz arbeiten in Lehre, Forschung und Administration zusammen, Ziel ist unter anderem die Förderung der Studierenden­mobilität. So können UZH- Studierende von Lehr­angeboten anderer Una-Europa-Universitäten profitieren.
Ein ganz besonderes Angebot ist der Bachelor of Arts in European Studies (BAES), den acht der elf Una-Europa-Universitäten vor zwei Jahren lanciert haben. Als neunte Universität wird sich die UZH anschliessen, die Vor­bereitungen dazu sind im Gang. Ab 2025 wird man den einzigartigen Joint Bachelor Degree auch an der UZH studieren können. Geplant für 2026 ist ausserdem ein Joint Bachelor in Sustainability.

Der Lösungs­ansatz
Der Bachelor of Arts in European Studies ermöglicht es, drei Jahre lang an drei unterschiedlichen Universitäten Europa­wissenschaften zu studieren. Er behandelt grundlegende Aspekte und Werte der europäischer Staaten und Gesellschaften und leitet Studierende dazu an, die Rolle Europas in der Welt aus verschiedenen fachlichen Perspektiven zu untersuchen und zu reflektieren. «Der Clou dabei ist, dass sich der Inhalt in der Form spiegelt», erklärt Annika Martin, die das Projekt von Seiten der UZH organisiert. «Dank der Möglichkeit, an bis zu drei Universitäten zu studieren, können die Teil­nehmenden Europa unmittel­bar erleben.»
Ihren Bachelor beginnen BAES-Studierende in Leuven, Bologna, Madrid oder Krakau. Dort absolvieren sie ein gemeinsames Grund­studium von drei Semestern und wählen anschliessend je ein Haupt- und ein Nebenfach aus sieben Speziali­sierungen. Diese Spezial-Tracks werden auch in Berlin, Helsinki, Edinburgh und Paris angeboten, ab 2025 auch in Zürich. Dreissig der insgesamt 240 Studierenden des Bachelors werden damit die Chance erhalten, einen Teil des Bachelors in European Studies an der UZH zu absolvieren. Die Teil­nehmenden des Studiengangs stammen aus aller Welt. «Das ist eine Heraus­forderung und eine Bereicherung zugleich», sagt der designierte Studien­programm­direktor Peter Finke.
Mit Politics, Philosophy, History, und Law wird die UZH zunächst vier der sieben Speziali­sierungen anbieten. Ein zusätzlicher Track – Languages and Cultures – ist für 2026 geplant. Derzeit stellen Finke und Martin in Absprache mit den jeweiligen Fakultäten das Kurs­angebot zusammen. Neben einzelnen neuen Lehr­veranstaltungen speist sich das Programm vor allem aus bestehenden Modulen.
Mit dem breit­gefächerten Angebot kommt der Joint Bachelor der steigenden Nachfrage nach flexiblen und inter­nationalen Lehr­angeboten nach. «Studierende erwerben Wissen gezielt an Universitäten mit entsprechenden Schwer­punkten», erklärt Martin. Die Teilnahme am Studien­programm ist daher für die UZH auch eine Chance, international auf ihre Stärken aufmerksam zu machen und dadurch talentierte Studierende anzuziehen. «Die UZH verfügt beispiels­weise über viel Expertise in den Beziehungen Europas mit dem Rest der Welt», sagt Finke. Demokratie, Rechts­staatlichkeit, Menschen­rechte, Kunst- und Kultur – das alles sind Themen­bereiche, die im Zusammen­hang mit den European Studies relevant sind, und in denen die UZH viel zu bieten hat.

Unsere Lehrgemeinschaft
Die Hochschulallianz Una Europa ermöglicht den beteiligten Universitäten, gemeinsam innovative Lehrformate zu entwickeln und die Hochschulbildung neu zu denken. Dank der Kollaboration kann der Bachelor in European Studies eine grosse Bandbreite an europawissenschaftlichen Themengebieten anbieten. «Ich sehe unglaubliches Potenzial für die Lehre – gerade auch für kleinere Fächer, bei denen eine Universität nicht alle Aspekte alleine abdecken kann», fasst Finke zusammen.
Doch solch ambitiöse Projekte kommen selten ohne zusätzliche Kraftanstrengung aus: Der Organisationsaufwand für den Bachelor, dessen Hauptadministration in Belgien sitzt, ist hoch: «Allein die unterschiedlichen Auffassungen des Bologna-Systems und die verschiedenen akademischen Kalender zusammenzubringen, ist sehr komplex», sagt Martin. Nichtsdestotrotz ist die Teilnahme am BAES für die UZH eine Chance, die Zukunft der Lehre auf internationaler Ebene aktiv mitzugestalten.
 

Steckbrief: 

Projekt: Una Europa Joint Bachelor of Arts in European Studies
Ebene: Studienprogamm
Verantwortliche Projekt: Prof. Dr. Peter Finke, Dr. Annika Martin
Website: https://www.una-europa.eu/study/baes
Förderung: Unterstützt durch die Förderlinie global_innovation der Universitäre Lehrförderung (ULF)
Fakultät: Philosophische und Rechtswissenschaftliche Fakultät

Qualititäts­standards für die Lehre an der UZH

Mit dem «UZH-Curriculum» hat das Prorek­torat Lehre und Studium im Zusammenhang mit der Initiative «Zukunft der Lehre an der UZH» univer­sitäts­weite Qualitäts­standards für attrak­tive Studien­ange­bote etabliert. Dem­gemäss ist gute Lehre forschungs­basiert, lern­ziel­orientiert, aktivierend, indivi­duali­siert, trans­diszipli­när und inter­national. Die hier vorgestellten Lehr­formate sind Beispiele dafür, wie diese Qualitäts­standards umgesetzt werden können. Das «UZH-Curri­cu­lum» bietet den Fakul­täten einen Orientierungs­rahmen zur Evalutation und Weiter­entwick­lung  von Studien­program­men, Modulen und den dazu­gehörigen Lehr­veranstal­tungen.

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